Ein neues Ruder entsteht

Im letzten Jahr wurden die Vorschriften in der Klassenordnung der Hansa-Jollen in Bezug auf die Gestaltung des Ruders klarer gefasst. Bisher galten nur das Löffelruder, das Spatenruder und eine Klappversion als klassenkonform. Aber insbesondere das vielgenutzte Löffelruder erzeugt einen hohen Ruderdruck, sodass viele Besitzer sich hier eine andere Lösung wünschen oder bereits selber ein neues Ruder gebaut haben. Auch ich bin bisher mit dem Löffelruder gefahren, habe mir aber schon lange eine Alternative gewünscht. Dieses Jahr ist es endlich soweit. Ich habe mir beim Bootsbauer Detlef Staats ein neues bauen lassen. Mit der Kamera habe ich die Entstehung begleitet.

Mein altes Ruder war aus massivem Mahagoni. Es neigte schon an einigen Stellen zu Rissen, sowohl im Kopf als auch am breitem, unterem Ende. Damit dies nicht wieder geschieht, wird das neue Ruder deswegen nicht aus einem Stück gearbeitet, sondern aus mehreren Lagen zusammengeleimt. Schon jetzt im ersten Schritt zeigt sich die Handwerkskunst eines Experten, um die passenden Stücke für die Außenlage auszuwählen, damit Festigkeit und Optik am Ende stimmen. Aus dem Holzlager wurden die richtigen Bohlen ausgewählt und dann auf der Kreissäge zu passenden Teilen verarbeitet.

Immer wieder werden die fertig geschnittenen Teile an der Schablone angehalten. Wie wichtig die Vorarbeiten sind, zeigt sich erst später beim Verleimen. Aus den einzelnen Puzzleteilen entstehen nach und nach die verschiedenen Lagen. Dabei achtet Detlef auf die Maserung, um insbesondere bei den später klarlackierten Abschnitten eine schöne Optik zu erhalten. Das gesamte Ruderblatt wird aus drei Lagen Mahagoni-Holz bestehen. Die drei Lagen oberhalb der Wasserlinie im später sichtbaren Kopf des Ruders werden in gleicher Faserrichtung verleimt. Dadurch ergibt sich hier ein gleichmäßiger Verlauf in der Ansicht der Kante. Ab der Wasserlinien ist die mittlere Lage um neunzig Grad gedreht ausgerichtet (gesperrt), um die dort entstehenden Kräfte gut aufnehmen zu können und eine hohe Festigkeit zu gewährleisten. Das Verleimen der einzelnen Teile erfolgt für einen sauberen Schluss der Fugen in zwei Abschnitten. Einschlüsse oder Luftblasen würden sonst die Festigkeit stark herabsetzen.

Die Nacht braucht der Kleber Zeit, um durchzuhärten. Am zweiten Tag gehts mit dem grob ausgeschnittenen und dann schrittweise der endgültigen Kontur angepasstem Rohling weiter. Mit der Schablone wird zwischendurch immer wieder die Maßhaltigkeit kontrolliert. Wie ärgerlich wäre jetzt ein falscher Schnitt oder zu viel weggenommenes Material. Schon jetzt lässt sich die spätere Form gut erahnen.

An den übrig gebliebenen Schnittkanten lassen sich dabei die sorgfältigen Vorarbeiten und das planvolle Zusammenfügen und Pressen vom Vortag ablesen. An allen Fugen erkennt man die durchgehend dunkle Klebefuge ohne Blasen, Lücken oder Einschlüssen.

Mit der Fräse wird im nächsten Schritt die endgültige Form hergestellt. Weiter geht es an die Demontage der alten Beschläge und das Anpassen an das neue Ruderblatt. Da ich das Löffelruder nicht weiter verwenden möchte, brauchte ich keine neuen Beschläge zu ordern. Aber der Wunsch nach einer Weiterverwendung bedeutet gleichzeitig viele kleine Schritte und Arbeitsgänge zum Anpassen an das neue Material. Auch wenn die Beschläge original von A&R kommen, sind sie doch an allen Booten etwas unterschiedlich. A&R haben diese Beschläge früher noch in einer eigenen Werkstatt hergestellt.

Eine Besonderheit sollte das neue Ruderblatt im Gegensatz zum alten erhalten. Wie auf dem Bild oben schön zu sehen ist, war das Löffelruder zwar an den Kanten ordentlich abgerundet, aber vom Profil her ein gleichmäßig starkes Brett. Um zukünftig eine optimale Anströmung des Ruderblatts zu erhalten, wird das neue ein sogenanntes NACA-Profil erhalten. Dieses Profil auf dem Rohling gleichmäßig zu formen, erfordert viel Erfahrung und eine ruhige Hand im Umgang mit Hobel und Schleifmaschinen. Mit Hilfe eingezeichneter Bleistiftlinien wird das Profil Stück für Stück aus dem geraden Ruderblatt herausgearbeitet. Auch die vordere Anströmungskante wird passend bearbeitet.

Nach dem Montieren der aufgearbeiteten Beschläge wird das Ruderblatt ein erstes Mal zur Probe am Heck meiner Hansa-Jolle montiert. Jetzt fehlen nur noch die Halterungen für die Pinne. Beim Herstellen der Auflagebacken fällt mir auf, dass Detlef auch hier quasi ein kleines Profil einarbeitet. Und tatsächlich, auch am alten Ruder verjüngen sich die Auflagen. Wenn man genau hinschaut, sieht man den Unterschied. Funktionell ist dies nicht notwendig, optisch macht es das Ganze aber doch viel gefälliger. Da zeigt sich mal wieder, was für ein Gespür die Bootsbauer früher hatten und was für ein feines Boot die Hansa-Jolle ist.

Der Tag endet mit der Feinbearbeitung und einem ersten Anstrich mit einer Holzimprägnierung, damit das Ruderblatt lange haltbar bleibt. Erst wenn genug Holzschutz in das Holz eingezogen ist, geht es mit dem weiteren Farbaufbau von Primer, Unterwasseranstrich und Klarlackierung des oberen Teils weiter.

Am dritten Tag startet das Auftragen der Farbschichten. Ich beginne mit dem Primer im Unterwasserbereich. Insgesamt drei Schichten sollen es werden. Die zweite Schicht habe ich dann leider zu früh gemalt. Die Kraterlandschaft musste wieder runter und ein neues Mal drauf, dann aber vernünftig.

Insgesamt sind sehr viele Arbeitsschritte für die Herstellung eines neuen Ruders notwendig. Auch wenn das „Anhängsel“ am Heck des Bootes so unscheinbar aussieht, steckt doch viel Handarbeit und Planung darin. Es war toll zu beobachten, wie aus ein paar sägerauhen Bohlen nach und nach mein neues Ruder wurde. Jetzt muss es nur noch wärmer werden, um es ausprobieren zu können. Ich bin schon sehr auf den ersten Segelschlag gespannt, schließlich bin ich noch nie mit dieser Art des Ruders auf einer Hansa-Jolle gefahren. Ich werde berichten.

4 Antworten auf „Ein neues Ruder entsteht“

  1. Toll,ich wünsche Dir viel Freude damit. Du wirst begeistert sein. Ich bin es auch und habe ein genau so schönes Ruder von Detlev.

    1. Lieben Dank Nils, ich bin wirklich sehr gespannt. Ihr habt alle so geschwärmt. Aber noch dauert es ja ein wenig. Das fertige Boot ist gerade wieder im Schuppen verschwunden, bis es ins Wasser kommt.

  2. Moin, mir ist in einer Böh das Spatenruder meiner Hansajolle unterhalb des unteren Beschlages, ca. 2 cm unterhalb der Wasserlinie komplett gebrochen und war weg.
    Ich möchte wissen was die aufwendige Herstellung, wie beschrieben von einem Fachmann, gekostet hat.

    1. Moin Henning, das tut mir leid, so ein Ärger. Den genauen Preis kann ich dir gar nicht sagen, da ich ja selber beteiligt war und ich somit nicht den kompletten Preis bezahlt habe. Wende dich einfach an Detlef unter arvon@gmx.net. Bestell ihm einen schönen Gruß von mir. Er wird dir nach seinem Urlaub dann mit Sicherheit seine Preisvorstellung schreiben. Hängt auch vom gewünschten Holz ab (massiv, Sperrholz, Holzart). Oder du fragst bei Wulf Noll an (wulf.noll@t-online.de). Er verkauft im Bootsmarkt auf hansajolle.de sein Boot. Er hat sich bei Detlef auch ein neues Ruder bauen lassen und verkauft es für 1000,- VB u.U. einzeln.
      Liebe Grüße Gerd

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