Die erste größere Ausfahrt des Jahres fand Ende Mai statt. Ein paar Tage hatte ich über das lange Pfingst-Wochenende Zeit, der Wetterbericht war sehr positiv und so konnte ich bei nördlichen Winden und strahlendem Sonnenschein auf der Oste Richtung Elbe aufkreuzen. Den ersten Teil bis hinter das Ostesperrwerk half der Außenborder, danach wollte ich dann segeln. Mit dem Motor musste ich ein wenig haushalten, da ich ihn noch nicht wieder voll geladen hatte. Auf der schmalen Oste vor dem Museum „Natureum“ brauchte ich mehrere Anläufe, bis ich das gereffte Groß stehen hatte. Der nördliche Wind baute an dieser Stelle eine unangenehme Welle durch das ablaufende Wasser auf und der Bug wurde in den Böen sehr schnell vertrieben. Somit ging das Groß immer nur ein kleines Stück hoch, dann musste ich den Kurs wieder korrigieren, um mit dem nächsten Mal wieder ein Stückchen hochziehen zu können. Ich glaube, ich habe viermal den Kurs korrigiert…
Dann ging es mit dem gerefften Groß und der kleinen Fock im Kreuzgang die Oste weiter flussabwärts. Ein Stück Halbwind brachte eine kurze Verschnaufpause, bevor es dann im letzten Stück wieder sportlich bis zur Mündung in die Elbe ging. Die einzelnen Wenden erfolgten sehr schnell hintereinander und das Boot stampfte ordentlich in den Wellen. Beim vorletzten Tonnenpaar passierte dann das Unglück, das ich eigentlich kaum wahrgenommen habe. Mit einem hässlichen reißendem Geräusch aus Richtung Mastfuß wurde ich erst aufmerksam. Und ehe ich mich versah, lag mein gesamter Mast neben mir im Wasser. Ich habe das Fallen überhaupt nicht gesehen und nur das Ergebnis erstaunt wahrgenommen. Natürlich habe ich davon kein Foto, ich musste mich erstmal sortieren. Der erste Griff war zur Kontrolle zur Handfunke, dann ging es darum, die Schäden zu sichten. Als klar war, dass keine akute Gefahr bestand, habe ich die nächsten Schritte überlegt. Das Wasser lief wieder leicht auf, sodass ich zurück in die Oste gedrückt wurde. Nicht auszudenken, wenn dies mitten auf der Elbe am Rand der Schifffahrtsstraße passiert wäre. Ich konnte in Ruhe den Mast an Deck holen und mitsamt Baum und Segel sicher an Deck festlaschen. Mit dem Außenborder bin ich dann langsam wieder zurück an meinen Anleger gefahren. Unterwegs habe ich mir dann die Schäden angeschaut. Ich hatte wirklich Glück. Der Mastfuß hat der seitlichen Kippbewegung nicht standgehalten und ist nach steuerbord weggebogen und dann anschließend aus dem Deck ausgerissen. Wie sich später herausstellte, wurde der Fuß mit 10 kleinen Schräubchen auf Deck gehalten und zum Teil mit einfachsten Baumarkt-Riffeldübeln stümperhaft repariert. Gleichzeitig war dies aber auch mein Glück, da sich dadurch die Schäden an Deck in einem begrenztem Rahmen halten.
Am Steg konnte ich dann auch in Ruhe auf Ursachenforschung gehen. Auf der Backbordseite baumelte nur noch der Wantenspanner inklusive Hülse. Der obere Teil, also die Gewindestange war verschwunden. Eine erste Vermutung eine Bruches oder Risses bestätigte sich nicht. Das fehlende Teil inklusive Kontermutter befanden sich am Stag. Somit war die Fehlerquelle ich selber. Ich hatte zum Saisonstart die Spanner nur mit der Hand geprüft, aber nicht mit Werkzeug nachgezogen. Das Stag hat sich losgerappelt und nach der letzten Wende hat dann der Mastfuß wegen des fehlenden Halts nachgegeben. Was für ein Schreck!
Zusammen mit dem Bootsbauer Detlef habe ich dann überlegt, wie es weitergeht. Das einfachste war es, das Boot rauszuholen und den Schaden direkt an der Werkstatt zu beben. Erstaunlicherweise hat der Mast nichts abbekommen. Der Mastfuß hat diesen komplett über der Aufbau gehebelt, sodass nur dort zwei kleine Macken entstanden sind. Lediglich der Baum hat durch den Transport an Deck ein paar Kartzer bbekommen, die mit ein wenig schleifen und Rapidclear schnell bearbeitet waren. Der Mastfuß brauchte hingegen mehr Aufmerksamkeit. Er war verbogen und an einer Stelle eingerissen. Dies konnte Detlef aber biegen und schweißen. Das Deck und die Löcher wurden mit Mahagoni-Dübeln wieder verschlossen und der Mastfuß zum Schluss verschraubt. Diesmal sind vier der zehn Schrauben auch durch das Deck mit einem durchgehendem Bolzen versehen. sodass hier die notwendige Festigkeit erreicht wurde. Noch am gleichen Abend wurde Flyt mit dem nächsten Hochwasser wieder in die Oste gesetzt und aufgeriggt. Nachdem ich den Mast im Wasser sah, hätte ich ja mit vielem gerechnet. Aber das ich an Pfingsten noch einmal segeln könnte, war nicht dabei. Lieben Dank Detlef für die schnelle Hilfe!
Also konnte ich am nächsten Mittag mit dem ablaufenden Wasser wieder los. Die ganze Tour begann von vorne. Erst motoren bis hinters Sperrwerk, in vier Zügen das Großsegel hochziehen, in der kabbeligen Welle auf der Oste bis zur Mündung aufkreuzen… Alles schon gehabt! Aber diesmal bin ich aus der Oste herausgekommen und mit halben Wind, bzw. später mit Backstagbriese ging es dann endlich Richtung Glückstadt. Das Wetter und das Licht am Abend war aber einfach zu schön, um dort schon abzubiegen und den Tag zu beenden. So bin ich weiter hinter Pagensand die Nebenelbe gefahren. Ich wollte immer schon einmal nach Bassenfleth in den kleinen Hafen. Ich hatte Glück und bekam in dem kleinen Imbiss am Hafen noch kurz vor Ladenschluss ein kühles Bier und ein Fischbrötchen. Was für ein herrlich ruhiges Fleckchen. Beim Abendspaziergang über den Deich und durch die Schafherden kommt man erstaunlich zur Ruhe. Die nacht war dann leider etwas kühl. Nur 4 Grad Celsius sind etwas wenig für entspanntes Schlafen auf einer Hansajolle. Früh war ich in der Koje, weil es draußen einfach zu frisch wurde.
Am nächsten Morgen ergab sich der Kontakt mit Segelfreunden. Sie hatten mit zwei Booten hinter Pagen-Süd geankert und ich wurde zum Frühstückstee an Bord eingeladen. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, so musste ich gar nicht erst meinen Kocher auspacken. Somit lagen wir mit drei Booten an einem Anker und genossen die wärmende Morgensonne an Deck von Conny‘s neuem Boot. Welch ein herrlicher Anblick, die beiden wunderschönen größeren Boot beim Anfahren dort liegen zu sehen.
Gemeinsam segelten wir danach bei wenig Wind die Elbe mit ablaufendem Wasser flussabwärts. Wir hatten kein festes Ziel, da wir mehr oder weniger nur die Strömung mit uns hatten. Immerhin haben wir es bis Wischhafen geschafft und sind dort dann am Steg gut angekommen. Gleichzeitig mit uns kamen Detelf und Björn mit ihrer Arvon aus der Oste an und hatten in größerer Runde einen netten Abend.
Der mächste Morgen hielt dann eine nicht so schöne Überraschung bereit. Für Baggerarbeiten wurde das Sperrwerk Wischhafen länger geschlossen gehalten und wir konnten nicht wie geplant auslaufen. Zwei Stunden dümpelten wir davor in der Wischhafener Elbe herum, weil die größeren Boote sonst mit ihrem Tiefgang nicht mehr vom Steg weggekommen wären. Als wir dann endlich auf die Elbe entlassen wurden, passte der ursprüngliche Zeitplan natürlich überhaupt nicht mehr. Unsere Wege trennten sich nun. Die einen fuhren noch bis zum Kippen der Tide etwas mit, um dann nach Stade zu segeln, Detlef und Björn segelten in die Oste zurück und ich machte einen Abstecher nach Neufeld. Dieser kleine Hafen liegt auf Schleswig-Holsteiner Seite gegenüber der Oste. Bisher war ich noch nicht dort, weil die Entfernung einfach kurz für eine Tour ist. Jetzt passte es aber perfekt. Vor dem Priel zum Hafen musste ich noch eine Stunde ankern, um sicher genügend Wasser unter dem Kiel zu haben. Ein dort vor Anker liegender Segler war für mich der perfekt Anlaufpunkt, um sicher die richtige Stelle zu finden. Er ging mit seinem wesentlich größeren Boot schon früher in den Priel rein, sodass ich auch genügend Wasser haben sollte. Entspannt motorte ich wegen des genau von vorne kommenden Windes diesen wunderschönen Weg bis in den Hafen. Der andere Ankerlieger bot mir sofort an, mich bei ihm längseits zu legen. Welch ein Luxus, ist musste mir keine Gedanken um lange Leinen und Fenderbrett zwischen den zu weit auseinander stehenden Dalben machen. Auf Empfehlung gab es zum Abend einen Eiergrogg gegen die Kälte und ein leckeres Sauerfleisch mit Bratkartoffeln für den Magen. Und dies bei fantastischem Weitblick über die Elbe vom Leuchtturm in Balje bis zur Ostemündung. Dies wird unbedingt ein Ziel zusammen mit meiner Frau.
Der nächste Tag wartete wieder mit einer tollen Überraschung. Nach dem morgendlichen Gang in die Waschbude erhielt ich von meinem Bootsnachbarn die Einladung zum gemeinsamen Frühstück. Dankend nahm ich den warmen Kaffee und das frische Brötchen mit selbstgemachte Marmelade an. Welch ein Luxus für einen Jollensegler.
Die Rückfahrt in die Oste verlief danach vollkommen entspannt. Der nördliche Wind frischte auf und ich konnte auch gegen das ablaufende Wasser der Oste zügig Richtung Itzwörden segeln und nutzte nur für die Passage von Sperrwerk und Brücke und zum Anlegen am Steg den Außenborder. Was war das für ein schönes langes Wochenende, das mit dem Unfall am ersten Tag dann doch ein sehr versöhnliches Ende genommen hat. Ein Dank an alle, die geholfen und unterstützt haben.